Archivo

Posts Tagged ‘poses a threat to’

Ambivalence (an extract from Norbert Elias Book «The civilizing Process») // Ambivalenz (Auszug aus dem Buch von Norbert Elias «Über den Prozess der Zivilisation»)

septiembre 5, 2014 Deja un comentario

It wasn´t only the control over the military resources what allowed the prince to keep at bay in his domain the other social classes and specially the indeed powerful upper elites. In fact , owing to a particular arrangement in the interwovenness of  society, the dependence of precisely these elites on the chief coordinator or regulator of the tension – filled social structure had become at this stage so strong , that, whether they liked it or not, everyone was forced to give up for a long time his striving for control and participation in the highest decision-making.

This particular interwovenness can only be grasped if one bears in mind a distinctive feature that arises whenever the functional divisions in a society increase in a marked way, namely: an open or latent ambivalence. The broader and richer the links of interdependence are, in which an individual social existence or a whole functional social class find themselves , the stronger a specific ambiguity or even a multifaceted ambivalence arises, affecting the interests developed in the relations both between individuals and functional different social classes. Each individual, group, social body or class relies in one way or another on the other; potentially all can strike up a friendship, an alliance or a partnership and at the same time everyone is a potential rival, competitor or enemy. In societies with a basic economy we can occasionally find unambiguous bad relations, sheer and, thus, unmitigated enmities. When a tribe of wandering nomads breaks into an already established settlement you can hardly find a trace of mutual and functional dependence between the two groups.

A sheer, life-and-death enmity is what exists between them. At the same time in these basic articulated societies the odds are that you can find plainer and more uncomplicated reciprocal reliances, uncontaminated friendships, alliances, love or service relations. The disposition of the medieval society towards this kind of relations is well reflected in the black and white colors in which medieval books usually portray their characters, as if there was nothing else in life but villains and best friends. However, in accordance with this greater lack of functional compactness in human relations, a sudden swift from one extreme to the other, a brusque change from a genuine friendship into a genuine enmity, can often  ensue “in a row” in these societies.

The more intertwined and  contradictory the social functions and interests of individuals in a society become, the more often you find a particular cleavage in their behavior and feelings, a “simultaneity” of positive and negative elements, a combination in different proportions and degrees of subdued affection and subdued animosity. The chances for a genuine and unambiguous enmity are here rarer and, increasingly, the actions that an individual undertakes against his rivals come to pose a threat in some way to the social existence of the same individual that undertakes them, interfering with the whole machine of functional chains of actions, of which their actual social existences are now a part.

It would take too long to go deeper here into this fundamental multifaceted ambivalence of social interests, into its consequences for the political game or for the psychic habitus and into its sociogenesis related to an increasing division of functions in society. Yet, the little that with this regard has been said proves already that we are talking about one of the most far-reaching structural features of highly-differentiated societies as well as one of the most important social devices in charge of moulding civilized behavior.

____________________________________________________________________________________________________

Es war in der Tat nicht allein die monopolistische Verfügung des Fürsten über die militärischen Machtmittel, die die andern Schichten seines Herrschaftsgebiets und besonders die keineswegs machtlosen Spitzenschichten in Schach hielt, sondern auf Grund einer eigentümlichen Verflechtungskonstellation war die Angewiesenheit gerade dieser Schichten auf einen obersten Koordinator und Regulator des spannungsreichen Gefüges in dieser Phase so gross, dass sie wohl oder übel den Kampf um Kontrolle und um Mitbestimmung bei den obersten Entscheidungen für längere Zeit aufgeben mussten.

Man kann diese eigentümliche Verflechtungskonstellation nicht verstehen ohne eine Besonderheit ins Auge zu fassen, die ebenfalls mit der zunehmenden Funktionsteilung in der Gesellschaft immer ausgeprägter hervortritt: Das ist ihre offene oder latent Ambivalenz. In den Beziehungen einzelner Menschen sowohl, wie in denen verschiedener Funktionschichten zeigt sich eine spezifische Zwiespältigkeit oder gar eine Vielspältigkeit der Interessen um so stärker, je weiter und reicher gegliedert das Netz der Interdependenzen wird, in das eine einzelne, soziale Existenz oder eine ganze Funktionsklasse verflochten ist. Hier sind alle Menschen, alle Gruppen, Stände oder Klassen, in irgendeiner Form aufeinander angewiesen; sie sind potentielle Freunde, Verbündete oder Aktionspartner; und sie sind zugleich potentielle Interessengegner, Konkurrenten oder Feinde. In naturalwirtschaftlichen Gesellschaften gibt es gelegentlich ganz unzweideutig negative Beziehungen, reine und darum ungemilderte-Feindschaft. Wenn wandernde Nomaden in ein bereits besiedeltes Gebiet einbrechen, dann mischt sich in die Beziehungen zwischen ihnen und den Siedlern dieses Gebietes unter Umständen keine Spur von wechselseitiger, funktioneller Angewiesenheit.

Zwischen diesen Gruppen besteht dann in der Tat eine reine Feindschaft auf Tod und Leben. Und weit grösser ist in solchen einfacher gegliederten Gesellschaften auch die Chance zu einem Verhältnis klarer und unkomplizierter, wechselseitiger Angewiesenheit, zu ungemischten Freundschaften, Bündnissen, Liebes-oder Dienstbeziehungen. In der eigentümlichen Schwarz-weiss-Zeichnung vieler, mittelalterlicher Bücher, die oft nichts anderes zu kennen scheinen , als gute Freunde oder Bösewichte, kommt die grössere Bereitscahft der mittelalterlichen Wirklichkeit zu Beziehungen dieser Art deutlich zum Ausdruck. Allerdings gibt es in dieser Wirklichkeit entsprechend der grösseren, funktionellen Ungebundenheit vieler Menschen häufig auch ein rasches Umspringen von einem Extrem ins andere, ein “Nacheinander”, einen leichten Wechsel von entschiedener Freundscahft zu entschiedener Feindschaft.

Wenn die gesellschaftlichen Funktionen und Interessen der Menschen immer weitverzweigter und widerspruchsvoller werden, begegnet man in ihrem Verhalten und ihrem Empfinden immer häufiger einer eigentümlichen Spaltung, einem “Zugleich” von positiven und negativen Elementen, einer Mischung von retaliv gedämpfter Zuneigung und gedämpfter Abneigung in verschiedenen Proportionen und Schattierungen. Die Möglichkeiten zu einer reinen und in keiner Weise ambivalenten Feindschaft werden seltener; und immer spürbarer bedroht jede Aktion gegen einen Gegner zugleich auch in irgendeiner Form die soziale Existenz dessen, der sie unternimmt; sie stört zugleich das ganze Triebwerk der funktionsteiligen Handlungsketten, dessen Teil die bestehende, soziale Existenz beider ist.

Es würde hier zu weit führen, auf diese fundamentale Vielspältigkeit der Interessen, auf ihre Konsequenzen für das politische Spiel oder den psychischen Habitus und auf ihre Soziogenese im Zusammenhang mit der fortschreitenden Funktionsteilung genauer einzugehen. Aber schon das wenige, was in diesem Zusammenhang darüber gesagt worden kann, lässt erkennen, dass sie eine der folgenreichsten Struktureigentümlichkeiten der höher differenzierten Gesellschaften ist und eine der wichtigsten Prägeapparaturen für das zivilisierte Verhalten.